Gespräche mit Jürg Flükiger,
Geschäftsleiter und Käser der genossenschaftlichen Sennerei Splügen,
01.04. und 7.04.2020
Sven Fawer: Herr Flückiger, wieviel Milch kaufen Sie jährlich in Ihrem Betrieb den Splügner Bauern ab?
Jürg Flückiger: Wir kaufen ihnen etwa 780’000 kg Milch im Jahr ab. Dies entspricht auch der von uns verarbeiteten Masse Milch. Einmal verarbeitet vermarkten wir rund 55% ausserhalb des Tals. Die restlichen 45% werden hier im Laden verkauft.*
Aus ökonomischer Sicht wäre neben diesem Absatz interessant zu wissen, welche Bedeutung die Land- bzw. Milchlandwirtschaft hier im Tal hat, z. B. was Arbeitsplätze und Entlohnung betrifft. Die Bedingungen sind aus meiner Sicht attraktiver als beispielweise bei jenen Stellen, die die Bergbahnen anbieten. Letztere Arbeitsplätze scheinen aber dennoch beliebter zu sein.
Die Kleinunternehmensstruktur ist unter Druck, weil der Anreiz gross ist, aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen Subventionen als Landwirtschaftsbetrieb zu wachsen. Es ist auch ein heikles Thema und eine schwierige Diskussion mit den Landwirten und Landwirtinnen. Aus meiner Sicht müssten Subventionen anders verteilt werden, denn im Moment ist das Prinzip je grösser, desto mehr Zuschüsse der Regelfall. Gerade für sogenannte strukturschwache Gegenden wie hier ist dies von Nachteil, weil so kleinere Betriebe eher untergehen.
Vor ein paar Jahren waren ein paar Forscher und Studenten hier bei uns. Wir haben vorgeschlagen, dass sie untersuchen, wie viel ein Bauer mehr verdienen müsste, damit er ohne Subventionen über die Runden kommt. Der Auftrag war vom Kanton gekommen, und dieser hat darauf nicht eingewilligt, oder andere Forschungsfelder als wichtiger empfunden. Wir haben dies mit einigen Studenten trotzdem durchgeführt. Einer der Bauern hatte damals gesagt er bekäme für 100’000 Liter Milch etwa 100’000 CHF Subventionen. Wir rechneten zusammen aus, dass etwa 1 CHF mehr pro Liter Milch reichen würden, um aus eigener Leistung wirtschaftlich zu arbeiten. Bei uns wären dies dann vielleicht gegen 10 CHF mehr pro Kilogramm im Verkauf. Aus meiner Sicht ist dies in Anbetracht der Kaufkraft, welche man in der Schweiz hat, durchaus realistisch.
SF: Können Sie die Ankaufsstruktur für Milch zwischen dem Bauer, Ihnen und dem Bund ein wenig genauer schildern?
JF: Netto ausbezahlt, kriegt der Bauer hier zurzeit etwa 81.05 Rp pro Kilogramm Milch. Dabei mitgerechnet sind mit allen Abzügen rund 4.50 Rp Zulagen für Verkäsung des Bundes, welche mit dem sogenannten Schoggigesetz** zu tun haben. Von uns erhält er 76.56 Rp. pro Kilogramm.
Man muss aber sehen, dass der Bauer zusätzliche Direktzahlungen, wie jene für Siloverbot hier in den Bergen, erhält. Bauern in Berggegenden erhalten heute auch mehr Zulagen als damals, als wir im 2015 oder 2016 diesen einen zusätzlichen Franken ausgerechnet haben. Sie übernahmen z. B. auch Flächen, die nicht mehr bewirtschaftet wurden und für diese erhalten sie mehr. Meiner Meinung nach wurde das Berggebiet vom Bund weiter bevorzugt, weil die Kosten auch höher sind.
Der zusätzliche Kostenfranken für Milch wurde relativ einfach berechnet und bezieht sich alleine auf das Kontingent des Bauers von 100’000 kg, das 100’000 CHF Subventionen entspricht.
SF: Und was bedeuten beispielsweise diese 10 CHF pro Kilogramm für Sie als Käseproduzenten?
JF: Grundsätzlich gibt es aus 100kg Milch etwa 8.5kg Käse und ein wenig Butter. Wenn man jenen Preis pro Kilogramm um 10 CHF erhöht heisst es, dass wir für 100 kg Milch bzw. 8.5 kg Käse 85 CHF mehr einnehmen müssten als jetzt.
SF: Die Milchwirtschaft im Tal bzw. in der Gemeinde Splügen scheint verhältnismässig nachhaltig zu sein. Gibt es diesbezüglich Abfallprodukte, die nicht verwertet werden können?
JF: Dies ist ein Streitpunkt im Moment. Innerhalb der Genossenschaft haben Bauern Schweine, an die man die Schotte verfüttern kann. Das Problem ist aber, dass dies nicht genug Nahrung für sie hergibt, so dass man relativ viel zusätzliches Futter anschaffen muss. Von diesem Standpunkt ist dies ein Problem, das noch ungelöst ist. Die Sennerei Nufenen dickt die Schotte ein und verkauft sie der Lebensmittelindustrie. Vielleicht werden wir dies in Zukunft auch machen. Weil man für die Schweine viel Futter kauft, ergibt sich auch viel Dünger, zu viel für unsere Verhältnisse. Im Schams ist die Nachfrage nach Dünger durch den Ackerbau vorhanden, so dass wir einen Teil davon dorthin bringen. Dazu kommt, dass es neue Bio-Richtlinien gibt, die schärfer sind, gerade was das Düngen betrifft. Beispielsweise müssen die Abstände zu Bächen mittlerweile grösser eingehalten werden, was wiederum den Verlust von Flächen bedeutet, die man düngen darf und Erträge ergeben sollten.
SF: Die Sennerei produziert rund 140 Tonne Käse jährlich. Sie haben ein breiteres Sortiment, führen Sie trotzdem Buch über ihre Produktionsmengen?
JF: Gerade wegen des breiten Sortiments ist dies schwierig zu sagen. Mal machen wir aus diesem Kessel zwei Weichkäse zusätzlich zum Hartkäse und aus dem nächsten Kessel nicht. Was wir auch anders als Nufenen machen ist, dass wir punkto Nachhaltigkeit alles von Hand machen und dadurch Lehrlinge ausbilden können. In Nufenen hat man einen Roboter, was wir bewusst nie in Betracht gezogen haben. Gerade jetzt mit dem Corona Virus zeigen sich auch die Nachteile einer solchen automatisierten Herstellungstechnik; man merkt, dass sobald es solche Krisen gibt, die Nachfrage nach einfachen Arbeitsplätzen zunimmt. Es ist erstaunlich wie schnell das ging, denn wir merken dies bereits. Automatisierung funktioniert gut in einer Wirtschaft, die sich stets weiterentwickelt. Wenn es einen Rückschritt gibt, fehlen aber Arbeitsplätze, um Leute zu beschäftigen. Alle Hotelbetriebe haben im Moment geschlossen, aber deren Angestellten sind ja noch hier. Man versucht schon so gut es geht sie irgendwie zu beschäftigen, aber im Grunde genommen haben sie keine Arbeit, ich finde das verrückt.
SF: Meine Recherche geht im Moment in eine Richtung, bei der ich ebenfalls an eine Genossenschaftsstruktur denke. Aus ökonomischer Sicht denke ich hingegen an eine ganz andere Grösse, vielleicht gar über die ganze Gemeinde miteinbezogen. So wären beispielweise auch manche Beschäftigte nicht nur an einer Tätigkeit beteiligt, sondern saisonal verteilt an den jeweiligen anstehenden Aufgaben. Wichtig wäre auch, wie sie schon sagten, dass die Ausbildung in den Berufen ebenfalls innerhalb dieser Entität stattfindet.
JF: Ich glaube, sobald es eine einzige Genossenschaft ist, dies weniger funktionieren würde, als wenn es beispielsweise viele verschiedene wären. Nehmen Sie das Beispiel der Bergbahnen; es zeigt sich, dass diese Wirtschaftsweise als AG nicht rentiert, weil immer Geld auch dazwischen mal herausgenommen wird. Als Genossenschaft könnte dies aber funktionieren, so glaube ich.
SF: Der Terminus Genossenschaft ist vielleicht auch ein wenig irreführend, denn ich glaube schon, dass einzelne Aktivitäten innerhalb dieses Konstrukts noch klar zu definieren sind. Ich denke aber schon an eine Form von Korporation, wie es das heutzutage auch schon zwischen einigen Landwirtschaftsgenossenschaften gibt, einfach viel radikaler und alle Berufsgattungen übergreifend. So soll beispielsweise der wachstumsorientierte Konkurrenzkampf vermieden werden. Auch der subventionsbedingte Anreiz zu wachsen, den Sie schon erwähnten, soll dadurch wegfallen. Natürlich sind dabei auch ein Stück weit utopische Überlegungen mit im Spiel.
JF: So utopisch ist es gar nicht. Nur so wie die Politik und ihre Anreize funktionieren, wird dies im hier und jetzt utopisch angemutet. Wenn man aber fünfzig Jahre weiterdenkt ist es das vielleicht gar nicht mehr. Ich glaube nach wie vor, dass Genossenschaften die nachhaltigste Betriebsform sind. Alleine weil bei AGs der Anreiz enorm gross ist, zwischendurch mal Geld heraus zu nehmen. Da zeigt sich gerade aus aktuellem Anlass, dass sie sehr wenig Substanz haben, weil meistens das Geld schon verteilt wurde. Es ist auch ein Stück weit eine philosophische Fragestellung.
Das meine ich auch bezüglich der Landwirtschaft. Der Bund gibt wegen den momentanen Ereignissen enorme Beträge aus, um Firmen zu retten. Geleichzeitig gibt es Landwirtschaftsbetriebe, welche fünfzehn Tieflohnangestellte beschäftigen, 500›000 CHF Direktzahlungen erhalten und meistens noch verschuldet sind. Das kann nicht der Sinn und Zweck der ganzen Sache sein, denn dann kann man auch landwirtschaftliche Erzeugnisse aus dem Ausland importieren. Bei manchen Bauernunternehmen bräuchte es nicht einmal eine solche Krise, wie es jetzt für so manche AGs der Fall ist, und diese Betriebe wären zum Verkauf ausgeschrieben.
SF: Zuletzt; wie ergeht es denn Ihnen während dieser Krise?
JF: Wir können nicht klagen, denn wir sind auf der Sonnenseite dieser ganzen Sache! Dies gilt auch für die Bauern. Die Nachfrage für die Produkte besteht und die Leute können arbeiten, darum geht es uns gut.
* Anmerkung SF: Produkte im Laden werden nicht nur den Bewohnern der Gemeinde verkauft, es gibt auch viel Durchfahrtskundschaft oder Touristen.
** Anmerkung SF: Mit dem Schoggigesetz regelt der Bund die Ein- und Ausfuhr von Erzeugnissen der Landwirtschaft und deren Zulagen. Es ist seit 1.01.2019 in einer totalrevidierten Form in Kraft. Neu sind Beiträge für Ausfuhr aufgehoben und Arbeitsplätze sowie Wertschöpfungsketten in der nationalen Lebensmittelproduktion sollen gefördert werden.
Gespräche mit Jürg Flükiger,
Geschäftsleiter und Käser der genossenschaftlichen Sennerei Splügen,
01.04. und 7.04.2020
Sven Fawer: Herr Flückiger, wieviel Milch kaufen Sie jährlich in Ihrem Betrieb den Splügner Bauern ab?
Jürg Flückiger: Wir kaufen ihnen etwa 780’000 kg Milch im Jahr ab. Dies entspricht auch der von uns verarbeiteten Masse Milch. Einmal verarbeitet vermarkten wir rund 55% ausserhalb des Tals. Die restlichen 45% werden hier im Laden verkauft.*
Aus ökonomischer Sicht wäre neben diesem Absatz interessant zu wissen, welche Bedeutung die Land- bzw. Milchlandwirtschaft hier im Tal hat, z. B. was Arbeitsplätze und Entlohnung betrifft. Die Bedingungen sind aus meiner Sicht attraktiver als beispielweise bei jenen Stellen, die die Bergbahnen anbieten. Letztere Arbeitsplätze scheinen aber dennoch beliebter zu sein.
Die Kleinunternehmensstruktur ist unter Druck, weil der Anreiz gross ist, aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen Subventionen als Landwirtschaftsbetrieb zu wachsen. Es ist auch ein heikles Thema und eine schwierige Diskussion mit den Landwirten und Landwirtinnen. Aus meiner Sicht müssten Subventionen anders verteilt werden, denn im Moment ist das Prinzip je grösser, desto mehr Zuschüsse der Regelfall. Gerade für sogenannte strukturschwache Gegenden wie hier ist dies von Nachteil, weil so kleinere Betriebe eher untergehen.
Vor ein paar Jahren waren ein paar Forscher und Studenten hier bei uns. Wir haben vorgeschlagen, dass sie untersuchen, wie viel ein Bauer mehr verdienen müsste, damit er ohne Subventionen über die Runden kommt. Der Auftrag war vom Kanton gekommen, und dieser hat darauf nicht eingewilligt, oder andere Forschungsfelder als wichtiger empfunden. Wir haben dies mit einigen Studenten trotzdem durchgeführt. Einer der Bauern hatte damals gesagt er bekäme für 100’000 Liter Milch etwa 100’000 CHF Subventionen. Wir rechneten zusammen aus, dass etwa 1 CHF mehr pro Liter Milch reichen würden, um aus eigener Leistung wirtschaftlich zu arbeiten. Bei uns wären dies dann vielleicht gegen 10 CHF mehr pro Kilogramm im Verkauf. Aus meiner Sicht ist dies in Anbetracht der Kaufkraft, welche man in der Schweiz hat, durchaus realistisch.
SF: Können Sie die Ankaufsstruktur für Milch zwischen dem Bauer, Ihnen und dem Bund ein wenig genauer schildern?
JF: Netto ausbezahlt, kriegt der Bauer hier zurzeit etwa 81.05 Rp pro Kilogramm Milch. Dabei mitgerechnet sind mit allen Abzügen rund 4.50 Rp Zulagen für Verkäsung des Bundes, welche mit dem sogenannten Schoggigesetz** zu tun haben. Von uns erhält er 76.56 Rp. pro Kilogramm.
Man muss aber sehen, dass der Bauer zusätzliche Direktzahlungen, wie jene für Siloverbot hier in den Bergen, erhält. Bauern in Berggegenden erhalten heute auch mehr Zulagen als damals, als wir im 2015 oder 2016 diesen einen zusätzlichen Franken ausgerechnet haben. Sie übernahmen z. B. auch Flächen, die nicht mehr bewirtschaftet wurden und für diese erhalten sie mehr. Meiner Meinung nach wurde das Berggebiet vom Bund weiter bevorzugt, weil die Kosten auch höher sind.
Der zusätzliche Kostenfranken für Milch wurde relativ einfach berechnet und bezieht sich alleine auf das Kontingent des Bauers von 100’000 kg, das 100’000 CHF Subventionen entspricht.
SF: Und was bedeuten beispielsweise diese 10 CHF pro Kilogramm für Sie als Käseproduzenten?
JF: Grundsätzlich gibt es aus 100kg Milch etwa 8.5kg Käse und ein wenig Butter. Wenn man jenen Preis pro Kilogramm um 10 CHF erhöht heisst es, dass wir für 100 kg Milch bzw. 8.5 kg Käse 85 CHF mehr einnehmen müssten als jetzt.
SF: Die Milchwirtschaft im Tal bzw. in der Gemeinde Splügen scheint verhältnismässig nachhaltig zu sein. Gibt es diesbezüglich Abfallprodukte, die nicht verwertet werden können?
JF: Dies ist ein Streitpunkt im Moment. Innerhalb der Genossenschaft haben Bauern Schweine, an die man die Schotte verfüttern kann. Das Problem ist aber, dass dies nicht genug Nahrung für sie hergibt, so dass man relativ viel zusätzliches Futter anschaffen muss. Von diesem Standpunkt ist dies ein Problem, das noch ungelöst ist. Die Sennerei Nufenen dickt die Schotte ein und verkauft sie der Lebensmittelindustrie. Vielleicht werden wir dies in Zukunft auch machen. Weil man für die Schweine viel Futter kauft, ergibt sich auch viel Dünger, zu viel für unsere Verhältnisse. Im Schams ist die Nachfrage nach Dünger durch den Ackerbau vorhanden, so dass wir einen Teil davon dorthin bringen. Dazu kommt, dass es neue Bio-Richtlinien gibt, die schärfer sind, gerade was das Düngen betrifft. Beispielsweise müssen die Abstände zu Bächen mittlerweile grösser eingehalten werden, was wiederum den Verlust von Flächen bedeutet, die man düngen darf und Erträge ergeben sollten.
SF: Die Sennerei produziert rund 140 Tonne Käse jährlich. Sie haben ein breiteres Sortiment, führen Sie trotzdem Buch über ihre Produktionsmengen?
JF: Gerade wegen des breiten Sortiments ist dies schwierig zu sagen. Mal machen wir aus diesem Kessel zwei Weichkäse zusätzlich zum Hartkäse und aus dem nächsten Kessel nicht. Was wir auch anders als Nufenen machen ist, dass wir punkto Nachhaltigkeit alles von Hand machen und dadurch Lehrlinge ausbilden können. In Nufenen hat man einen Roboter, was wir bewusst nie in Betracht gezogen haben. Gerade jetzt mit dem Corona Virus zeigen sich auch die Nachteile einer solchen automatisierten Herstellungstechnik; man merkt, dass sobald es solche Krisen gibt, die Nachfrage nach einfachen Arbeitsplätzen zunimmt. Es ist erstaunlich wie schnell das ging, denn wir merken dies bereits. Automatisierung funktioniert gut in einer Wirtschaft, die sich stets weiterentwickelt. Wenn es einen Rückschritt gibt, fehlen aber Arbeitsplätze, um Leute zu beschäftigen. Alle Hotelbetriebe haben im Moment geschlossen, aber deren Angestellten sind ja noch hier. Man versucht schon so gut es geht sie irgendwie zu beschäftigen, aber im Grunde genommen haben sie keine Arbeit, ich finde das verrückt.
SF: Meine Recherche geht im Moment in eine Richtung, bei der ich ebenfalls an eine Genossenschaftsstruktur denke. Aus ökonomischer Sicht denke ich hingegen an eine ganz andere Grösse, vielleicht gar über die ganze Gemeinde miteinbezogen. So wären beispielweise auch manche Beschäftigte nicht nur an einer Tätigkeit beteiligt, sondern saisonal verteilt an den jeweiligen anstehenden Aufgaben. Wichtig wäre auch, wie sie schon sagten, dass die Ausbildung in den Berufen ebenfalls innerhalb dieser Entität stattfindet.
JF: Ich glaube, sobald es eine einzige Genossenschaft ist, dies weniger funktionieren würde, als wenn es beispielsweise viele verschiedene wären. Nehmen Sie das Beispiel der Bergbahnen; es zeigt sich, dass diese Wirtschaftsweise als AG nicht rentiert, weil immer Geld auch dazwischen mal herausgenommen wird. Als Genossenschaft könnte dies aber funktionieren, so glaube ich.
SF: Der Terminus Genossenschaft ist vielleicht auch ein wenig irreführend, denn ich glaube schon, dass einzelne Aktivitäten innerhalb dieses Konstrukts noch klar zu definieren sind. Ich denke aber schon an eine Form von Korporation, wie es das heutzutage auch schon zwischen einigen Landwirtschaftsgenossenschaften gibt, einfach viel radikaler und alle Berufsgattungen übergreifend. So soll beispielsweise der wachstumsorientierte Konkurrenzkampf vermieden werden. Auch der subventionsbedingte Anreiz zu wachsen, den Sie schon erwähnten, soll dadurch wegfallen. Natürlich sind dabei auch ein Stück weit utopische Überlegungen mit im Spiel.
JF: So utopisch ist es gar nicht. Nur so wie die Politik und ihre Anreize funktionieren, wird dies im hier und jetzt utopisch angemutet. Wenn man aber fünfzig Jahre weiterdenkt ist es das vielleicht gar nicht mehr. Ich glaube nach wie vor, dass Genossenschaften die nachhaltigste Betriebsform sind. Alleine weil bei AGs der Anreiz enorm gross ist, zwischendurch mal Geld heraus zu nehmen. Da zeigt sich gerade aus aktuellem Anlass, dass sie sehr wenig Substanz haben, weil meistens das Geld schon verteilt wurde. Es ist auch ein Stück weit eine philosophische Fragestellung.
Das meine ich auch bezüglich der Landwirtschaft. Der Bund gibt wegen den momentanen Ereignissen enorme Beträge aus, um Firmen zu retten. Geleichzeitig gibt es Landwirtschaftsbetriebe, welche fünfzehn Tieflohnangestellte beschäftigen, 500›000 CHF Direktzahlungen erhalten und meistens noch verschuldet sind. Das kann nicht der Sinn und Zweck der ganzen Sache sein, denn dann kann man auch landwirtschaftliche Erzeugnisse aus dem Ausland importieren. Bei manchen Bauernunternehmen bräuchte es nicht einmal eine solche Krise, wie es jetzt für so manche AGs der Fall ist, und diese Betriebe wären zum Verkauf ausgeschrieben.
SF: Zuletzt; wie ergeht es denn Ihnen während dieser Krise?
JF: Wir können nicht klagen, denn wir sind auf der Sonnenseite dieser ganzen Sache! Dies gilt auch für die Bauern. Die Nachfrage für die Produkte besteht und die Leute können arbeiten, darum geht es uns gut.
* Anmerkung SF: Produkte im Laden werden nicht nur den Bewohnern der Gemeinde verkauft, es gibt auch viel Durchfahrtskundschaft oder Touristen.
** Anmerkung SF: Mit dem Schoggigesetz regelt der Bund die Ein- und Ausfuhr von Erzeugnissen der Landwirtschaft und deren Zulagen. Es ist seit 1.01.2019 in einer totalrevidierten Form in Kraft. Neu sind Beiträge für Ausfuhr aufgehoben und Arbeitsplätze sowie Wertschöpfungsketten in der nationalen Lebensmittelproduktion sollen gefördert werden.