TALGENOSSENSCHAFT RHEINWALD ist eine Freie Master-Diplomarbeit am Departement Architektur der ETH Zürich und wurde zwischen Februar und Dezember 2020 von Sven Fawer am Lehrstuhl von Prof. Dr. Elli Mosayebi erarbeitet. Die Arbeit wurde zudem von der Wirtschaftsgeographin Dr. Yasmine Willi (WSL), dem Professor für Geschichte und Theorie für Städtebau, Prof. Dr. Tom Avermaete und Christian Inderbitzin begleitet.
Ausgehend von der Fusionierung der drei Bündner Gemeinden Hinterrhein, Nufenen und Splügen zu Rheinwald im Jahr 2019 wird in dieser Arbeit nach den wirtschaftlichen und architektonischen Potenzialen eines solchen Zusammenschlusses gesucht.
Dabei steht die Frage im Zentrum, ob die hypothetische Gründung der Talgenossenschaft*, welche alle Lebensbereiche in der Gemeinde Rheinwald umfasst, die finanzielle Unabhängigkeit von staatlichen Subventionen ermöglichen kann. Dabei soll das eigentliche Ausmass der Abhängigkeit dieser bisher nicht ausführlich untersuchten «Alpinen Brache»1 von Subventionierungen durch Bund und Kanton eingeschätzt werden.
Zur Erörterung der Fragestellung werden theoretische Modelle der Postwachstumswissenschaft herangezogen: Subsistenz und Suffizienz. Wie muss demnach eine Genossenschaft organisiert sein, damit sie eine gesamte Talgemeinde umfassen kann? Wo kann Suffizienz stattfinden und was bräuchte es, um subsistenzwirtschaftlich bzw. selbstversorgerisch zu funktionieren?
Neben der Zweckdefinierung dieses Genossenschaftsmodells wird die historische Verankerung von kooperativen Organisationen in dieser Region verdeutlicht. Die Säumergenossenschaft, welche zwischen dem 15. und dem 19. Jahrhundert alle existenziellen Teile des Tals beeinflusste und ein erhöhtes Mass an politischer und finanzieller Autonomie ermöglichte. Zusammen mit zeitgenössischen lokalen Kooperationen wie den bestehenden Milch- und Alpgenossenschaften oder ähnlichen Mustern in der Forst- und Wasserkraftwirtschaft, lässt sich die ideologische Basis für eine Zusammenarbeit in grösserem Rahmen nachvollziehen.
Methodisch wird zum einen nach sozialwissenschaftlichen Recherchemethoden vorgegangen, zum Beispiel mit Hilfe von Interviews und deren dokumentarischen Verfilmung. Zum anderen besteht die Recherche aus einer ökonomischen Berechnung, bei der das Haushaltsbudget der Gemeinde Rheinwald, beziehungsweise die Ausgangslage für die erwogene Genossenschaft eingeschätzt werden soll. Dabei handelt es sich um eine vereinfachte Haushaltsrechnung mit Einbezug von Individuen, Betrieben und Verwaltung mit dem Ziel, Wertschöpfungsketten mit Entwicklungspotenzial ermitteln zu können.
Neben den etablierten wirtschaftlichen Pfeilern – extensive alpine Landwirtschaft und eine Vielfalt von Kleinwasserkraftwerken – lassen sich in Rheinwald auch einige mit offenem Schicksal finden. Insbesondere der Skitourismus, der in Zeiten des Klimawandels einer ungewissen Zukunft entgegensieht. Es zeigen sich jedoch auch neue Vorstellungen: Ansätze wie der alpine Anbau von Feldfrüchten wie Getreide, Flachs oder Hanf und die entsprechende Infrastruktur bezüglich Ernte, Lagerung und Verarbeitung sind im Rahmen der Viehwirtschaft denkbar und könnten für eine größere Unabhängigkeit sorgen.
Noch wichtiger für die Erlangung einer Unabhängigkeit wird eine Organisation basierend auf Gemeingutsstrukturen sein, der sogenannten «Commons», welche mit der Talgenossenschaft Hand in Hand einhergehen würden. Das Prinzip der Allmende, das sich in Rheinwald bisher hauptsächlich auf die Landwirtschaft beschränkte, würde damit eine neue, erweiterte Rolle für die Talschaft erhalten.
Die Bereitschaft der lokalen Bevölkerung und Arbeitskräfte, mögliche neue Aufgaben in oder für die Gemeinschaft zu übernehmen soll natürlich im Auge behalten werden und im Dialog mit der lokalen Bevölkerung diskutiert werden. Weiter wird auch das architektonische Potenzial der entstehenden Commons untersucht, um in die schlussendliche Verräumlichung der Talgenossenschaft überzugehen.
Mit den gewonnenen Erkenntnissen aus dieser Recherche und der Masterplanung als Gerüst erfolgt im Diplomsemester des Herbstes 2020 die abschliessende Ausarbeitung eines architektonischen Projekts sowie seiner detaillierten Elemente und Komponenten.
* Da die benachbarte Gemeinde Sufers sich gegen die Fusionierung von 2019 entschied, geographisch aber Teil des «Rheinwalds» ist, wird hier der Begriff Talgenossenschaft alleine für die fusionierte politische Gemeinde Rheinwald verwendet. Wird in dieser Arbeit die Bezeichnung «in Rheinwald» verwendet, ist dementsprechend nur die Gemeinde Rheinwald gemeint, während sich die Bezeichnung «im Rheinwald» hingegen auf das gesamte Tal bezieht.
TALGENOSSENSCHAFT RHEINWALD ist eine Freie Master-Diplomarbeit am Departement Architektur der ETH Zürich und wurde zwischen Februar und Dezember 2020 von Sven Fawer am Lehrstuhl von Prof. Dr. Elli Mosayebi erarbeitet. Die Arbeit wurde zudem von der Wirtschaftsgeographin Dr. Yasmine Willi (WSL), dem Professor für Geschichte und Theorie für Städtebau, Prof. Dr. Tom Avermaete und Christian Inderbitzin begleitet.
Ausgehend von der Fusionierung der drei Bündner Gemeinden Hinterrhein, Nufenen und Splügen zu Rheinwald im Jahr 2019 wird in dieser Arbeit nach den wirtschaftlichen und architektonischen Potenzialen eines solchen Zusammenschlusses gesucht.
Dabei steht die Frage im Zentrum, ob die hypothetische Gründung der Talgenossenschaft*, welche alle Lebensbereiche in der Gemeinde Rheinwald umfasst, die finanzielle Unabhängigkeit von staatlichen Subventionen ermöglichen kann. Dabei soll das eigentliche Ausmass der Abhängigkeit dieser bisher nicht ausführlich untersuchten «Alpinen Brache»1 von Subventionierungen durch Bund und Kanton eingeschätzt werden.
Zur Erörterung der Fragestellung werden theoretische Modelle der Postwachstumswissenschaft herangezogen: Subsistenz und Suffizienz. Wie muss demnach eine Genossenschaft organisiert sein, damit sie eine gesamte Talgemeinde umfassen kann? Wo kann Suffizienz stattfinden und was bräuchte es, um subsistenzwirtschaftlich bzw. selbstversorgerisch zu funktionieren?
Neben der Zweckdefinierung dieses Genossenschaftsmodells wird die historische Verankerung von kooperativen Organisationen in dieser Region verdeutlicht. Die Säumergenossenschaft, welche zwischen dem 15. und dem 19. Jahrhundert alle existenziellen Teile des Tals beeinflusste und ein erhöhtes Mass an politischer und finanzieller Autonomie ermöglichte. Zusammen mit zeitgenössischen lokalen Kooperationen wie den bestehenden Milch- und Alpgenossenschaften oder ähnlichen Mustern in der Forst- und Wasserkraftwirtschaft, lässt sich die ideologische Basis für eine Zusammenarbeit in grösserem Rahmen nachvollziehen.
Methodisch wird zum einen nach sozialwissenschaftlichen Recherchemethoden vorgegangen, zum Beispiel mit Hilfe von Interviews und deren dokumentarischen Verfilmung. Zum anderen besteht die Recherche aus einer ökonomischen Berechnung, bei der das Haushaltsbudget der Gemeinde Rheinwald, beziehungsweise die Ausgangslage für die erwogene Genossenschaft eingeschätzt werden soll. Dabei handelt es sich um eine vereinfachte Haushaltsrechnung mit Einbezug von Individuen, Betrieben und Verwaltung mit dem Ziel, Wertschöpfungsketten mit Entwicklungspotenzial ermitteln zu können.
Neben den etablierten wirtschaftlichen Pfeilern – extensive alpine Landwirtschaft und eine Vielfalt von Kleinwasserkraftwerken – lassen sich in Rheinwald auch einige mit offenem Schicksal finden. Insbesondere der Skitourismus, der in Zeiten des Klimawandels einer ungewissen Zukunft entgegensieht. Es zeigen sich jedoch auch neue Vorstellungen: Ansätze wie der alpine Anbau von Feldfrüchten wie Getreide, Flachs oder Hanf und die entsprechende Infrastruktur bezüglich Ernte, Lagerung und Verarbeitung sind im Rahmen der Viehwirtschaft denkbar und könnten für eine größere Unabhängigkeit sorgen.
Noch wichtiger für die Erlangung einer Unabhängigkeit wird eine Organisation basierend auf Gemeingutsstrukturen sein, der sogenannten «Commons», welche mit der Talgenossenschaft Hand in Hand einhergehen würden. Das Prinzip der Allmende, das sich in Rheinwald bisher hauptsächlich auf die Landwirtschaft beschränkte, würde damit eine neue, erweiterte Rolle für die Talschaft erhalten.
Die Bereitschaft der lokalen Bevölkerung und Arbeitskräfte, mögliche neue Aufgaben in oder für die Gemeinschaft zu übernehmen soll natürlich im Auge behalten werden und im Dialog mit der lokalen Bevölkerung diskutiert werden. Weiter wird auch das architektonische Potenzial der entstehenden Commons untersucht, um in die schlussendliche Verräumlichung der Talgenossenschaft überzugehen.
Mit den gewonnenen Erkenntnissen aus dieser Recherche und der Masterplanung als Gerüst erfolgt im Diplomsemester des Herbstes 2020 die abschliessende Ausarbeitung eines architektonischen Projekts sowie seiner detaillierten Elemente und Komponenten.
* Da die benachbarte Gemeinde Sufers sich gegen die Fusionierung von 2019 entschied, geographisch aber Teil des «Rheinwalds» ist, wird hier der Begriff Talgenossenschaft alleine für die fusionierte politische Gemeinde Rheinwald verwendet. Wird in dieser Arbeit die Bezeichnung «in Rheinwald» verwendet, ist dementsprechend nur die Gemeinde Rheinwald gemeint, während sich die Bezeichnung «im Rheinwald» hingegen auf das gesamte Tal bezieht.